Der Marsmythos begann 1877 und
überdauerte fast ein Jahrhundert. Dennoch beruht er auf
einem der größten Irrtümer der Wissenschaftsgeschichte.
Etwa alle 15 bis 17 Jahre steht der
Mars unserer Erde besonders nahe. 1877 war ein solch
günstiges Beobachtungsjahr. Niemals zuvor beobachteten
Astronomen den Mars so intensiv und auch die
Fernrohrtechnologie hatte in den Jahren zuvor deutliche
Fortschritte gemacht. Es war die Zeit der achromatischen
Refraktoren (Doppellinsen-Fernrohre), die mit ihrer bis
dahin nicht gekannten Bildschärfe den Spiegelteleskopen
vorrübergehend den Rang abliefen.
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Die Marskanäle
Im Fernrohr erscheint die Marsoberfläche
rötlichgelb mit einigen dunklen Flächen. Die hellen Gebiete deutete
man damals als Wüsten, die dunklen als Meere. Da machte der
italienische Astronom Giovanni Schiaparelli (1835 – 1910) eine
sensationelle Entdeckung.
Der damals sehr bekannte Direktor der Mailänder Brera-Stern- warte auf einem Liebig-Sammelbild um 1890
Marskarte nach Schiaparelli. Aus: Camille Flammarion,
Les Terres du Ciel, Paris 1884
Schiaparelli bemerkte, dass die Meere
untereinander durch feine dunkle Linien verbunden waren. Er nannte
sie canali ohne damit zunächst eine Wertung zu verbinden. Sehr
vielen Zeitgenossen gefiel jedoch der Gedanke, dass die Marskanäle
das Werk intelligenter Marsbewohner seien. Offensichtlich dienten
die Kanäle zur Bewässerung der trockenen Wüstengebiete und zu
Verkehrszwecken wie der kurz zuvor, 1869, eröffnete Suezkanal.
Der einflussreichste
Kanal-Befürworter war der amerikanische Hobby-Astronom und Millionär
Percival Lowell, der 1894 in Flagstaff ein Observatorium gründete,
in welchem er bedeutende Profi-Astronomen beschäftigte.
Percival Lowell (1855 – 1916)
Künstlerische Darstellung einer Kanal- landschaft. Aus: Camille Flammarion, Les Terres du Ciel, Paris 1884
Neben Schiaparelli ließ er sich von den
Thesen des französischen Astronomen Camille Flammarion (1842 – 1925)
über die „Pluralität der bewohnten Welten“ inspirieren. Lowell und
seine Mitarbeiter beobachteten in der trockenen, klaren Wüstenluft
von Arizona eifrig den Mars und entdeckten zuletzt nicht weniger als
700 Kanäle, von denen einige zeitweise sogar in Verdopplung
auftraten. Er schrieb mehrere umfangreiche Bücher über den Planeten,
dem er sein Leben widmete. Darin vertrat er vehement die These, dass
dieser bewohnt sei.
Viele Astronomen hielten die
Marskanäle jedoch für eine optische Täuschung. Ein wichtiges
Argument bestand in der fehlenden Polarisation der dunklen Flächen.
Wären es tatsächlich Meere oder Seen, müsste das von ihnen
reflektierte Licht teilweise polarisiert sein, was jedoch nicht der
Fall ist. Sie glaubten daher eher an Vegetationsflächen, zumal ihre
Farbe, je nach Jahreszeit, zwischen leicht grünlich und braun
schwankt.
Der wichtigste Gegner der
„Kanalfraktion“ war der griechische Astronom Eugène Michel Antoniadi
(1870 – 1944), der, zunächst mit kleineren Instrumenten, selbst
Marskanäle gesehen haben wollte. Schiaparelli hatte seine
Beobachtungen mit kleineren Teleskopen bis maximal 49 Zentimeter
Objektivöffnung gemacht und Lowell blendete seinen 61 cm-Refraktor
sogar auf 30 Zentimeter ab, weil er glaubte, dadurch schärfere
Bilder zu erhalten. Das war sogar richtig, ging jedoch auf Kosten
der Detailauflösung. Antoniadi dagegen benutzte den großen 83
cm-Refraktor von Meudon, eines der weltweit besten Teleskope der
damaligen Zeit, und sah von da an keinen einzigen Marskanal mehr.
Seine Zeichnungen sind die genauesten und detailreichsten in der
Geschichte der visuellen Planetenbeobachtung. Wo bei Schiaparelli
Kanäle zu sehen sind, zeigen Antoniadis Zeichnungen an einigen
Stellen Ketten von dunklen Gebilden, die von einer viele Jahrzehnte
späteren Marssonde bestätigt wurden. Lowell dagegen versuchte,
seinen Widersacher als Beobachter mit mangelnder Sehschärfe zu
diffamieren.
Links: Zeichnung einer Marsregion mit
Kanälen, Mitte: Zeichnung von Antoniadi der gleichen Re- gion, Rechts:
Aufnahme einer Marssonde. Die Marskarte von Antoniadi muss den
Vergleich mit den Karten nach Marssonden der NASA nicht scheuen
Marsmenschen erobern die Erde
Der Bericht einer Reise zum Mars
er- schien 1882 in vier kleinen Bändchen
Während also immer mehr Astronomen
„ungläubig“ wurden, erlangten die Marsianer in der Bevölkerung
enorme Popularität. Sie weckten jedoch auch Ängste, denn wer in der
Lage ist, ein derart aufwendiges Bewässerungssystem anzulegen, der
musste der Erdbevölkerung zwangsläufig technisch überlegen sein.
Schriftsteller nutzten diese Mischung aus Begeisterung und Furcht.
Ihre zahlreichen Marsromane schilderten die Marsmenschen mal als
kluge, friedliebende Übermenschen, mal als gefährliche, hässliche
Monster. Der erste technisch-utopische Marsroman stammt von dem
Engländer Percy Greg (1836 – 1898). Er erschien bereits 1880 und
wurde wenige Jahre später unter dem Titel Jenseits des Zodiakus auch
ins Deutsche übersetzt. Der Mars wird mit einem
Anti-Gravitations-Raumschiff erreicht.
Der Astronom und Publizist Flammarion
befeuerte seine Vorstellung von einem bewohnten Mars durch zwei
Erzählungen: Uranie (1889) und Stella (1897). Von der ersten
Erzählung existiert auch eine deutsche Ausgabe. Flammarion war auch
ein Esoteriker und so wird das „Transportmittel“ Reinkarnation
verständlich.
Esoterischer Marsroman, deutsche Ausgabe von 1894
Spätere Ausgabe Flammarions zweitem Marsroman um 1920
Comic-Version des Wells-Marsklassikers: Illustrierte Klassiker
Nr. 6, Aachen 1956 (Übersetzung aus dem Amerikanischen)
Hervorragender Vertreter der
„Monster-Kategorie“ ist die bis heute berühmte Erzählung von H. G.
Wells, Krieg der Welten, 1898. Krakenähnliche Marsmonster landen an
mehreren Stellen der Erde und machen mit hochbeinigen Kampfmaschinen
alles nieder, was sich Ihnen in den Weg stellt. Dabei benutzen sie
so etwas wie Laserkanonen, gegen die das irdische Militär machtlos
ist.
Ein derartiges Szenario erschien den
damaligen Zeitgenossen durchaus als realistisch, denn das Verhalten
der Kolonialmächte war oftmals nur wenig freundlicher und die Erde
hatte, vor allem an Lebensraum und Bodenschätzen, einiges zu
bieten, was Bewohnern des kargen Mars verlockend erscheinen konnte.
Schließlich unterliegen die Marsianer dennoch überraschend,
allerdings nicht den Erdenmenschen sondern schlichten Bakterien,
gegen die sie keine Abwehrkräfte besitzen. Noch 1938 waren die
Marsianer in der Lage, eine Massenpanik auszulösen. Orson Welles‘
Radiohörspiel des Wells-Romans wurde von einer Vielzahl
amerikanischer Hörer für bare Münze genommen.
Der berühmteste aller Marsromane, deutschsprachige Erstausgabe
mit unspektakulärem Einband, Wien 1901
Zweibändiger Marsroman von 1897, hier die illustrierte Originalbroschüre des ersten Bandes von 1899 (3. – 4. Tsd. =
2. Aufl.)
Anders verläuft die interplanetare Begegnung
bei Kurd Laßwitz (1848 – 1910). Auf zwei Planeten, 1897, ist ein
monumentaler, teilweise sperrig zu lesender zweibändiger Roman mit
insgesamt 966 Seiten (Erstausgabe).
Nordpolfahrer treffen dort auf Marsianer,
die über dem Pol eine Raumstation betreiben. Sie sind
menschengleich, doch technisch und moralisch überlegen und machen
die Erde zu einer Art Protektorat. Nach anfänglichem Widerstand fügt
sich die Menschheit, weil sie von den Segnungen der Marstechnik und
-kultur profitiert. Ein Regierungswechsel auf dem Mars führt auf der
Erde zu stärkeren Repressionen. Ein von Amerika ausgehender Aufstand
bringt schließlich die Befreiung in Form eines Waffenstillstands mit
anschließender Aufhebung des Protektorats. Ausschlaggebend für
diesen Erfolg war der Verrat eines Marsianers, der den Amerikanern
Waffengleichheit verschaffte.Laßwitz‘ Roman wurde in viele Sprachen
übersetzt, hatte aber bei der „normalen“ Leserschaft nicht den
internationalen Erfolg wie Wells‘ Actionabenteuer. Umso mehr
beriefen sich bedeutende Physiker und Ingenieure auf Laßwitz‘
Monumentalwerk, wenn sie nach ihrer beruflichen Inspiration gefragt
wurden.
Spätere Auflage (9. - 11. Tsd.) des zwei- bändigen Marsromans von
1897, hier erstmals mit illustriertem Leinen-Einband (um 1900)
Zweiter Teil eines Marsromans von 1910
Broschierte Ausgabe eines Mars- romans von 1913
In der Folge erschien eine Flut weiterer
Marsromane, bei denen häufig die Probleme und Abenteuer einer
Marsmission im Vordergrund stehen. Einige dieser Geschichten sind
durchaus interessant und originell, auch wenn sie nicht die
Bedeutung ihrer Vorgänger erreichen. Hier nur zwei Beispiele.
Weitere finden Sie am Ende dieser Info-Webseite als Bilderfolge.
Große Popularität erreichte Edgar Rice
Burroughs (1875 – 1950) mit Eine Mars-Prinzessin, 1917, deutsch
1925, erster Band eines elfteiligen Marszyklus‘ des
Tarzan-Erfinders. Es gibt menschliche und nicht-menschliche
Marsianer. Unter den letzteren sind einige grün, haben Antennen auf dem Kopf und
dürften die Vorbilder aller späteren Marsmensch-Karikaturen (kleine
grüne Männchen) sein. Andere sind erkennbar ansehnlicher.
Erster Roman einer langen Mars-Serie von Edgar Rice Burroughs, Stuttgart 1925
Die Marsluft wird dünner
Schutzumschlag eines Marsromans aus der Reihe „Romane aus
der Welt von morgen" von 1952. Das amerika- nische Original erschien 1949
Taschenbuchausgabe New York 1951, ein Jahr nach der Erstausgabe. Das reißerische Titelbild ist völlig unpas- send
Bald nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die
Luft für Marsianer im wahrsten Sinne dünner. Die Atmosphäre
entpuppte sich als nicht atembar und die immer besser werdenden
teleskopischen Marsfotos zeigten niemals Kanäle. Dennoch erscheinen
einige, auch heute noch empfehlenswerte Marsromane. Gleich mehrere
stammen von Robert A. Heinlein (1907 -1988). Der poetischste
allerdings ist von Ray Bradbury (1920 – 2012). Es handelt sich um
eine Sammlung von Kurzgeschichten, die ab 1946 zunächst in
Zeitschriften erschienen und dann 1950 unter dem Titel Die
Mars-Chroniken als Buch zusammengefasst wurden.
Richteten sich die ersten Marsklassiker an
eine erwachsene Leserschaft oder zumindest an die „reifere“ Jugend,
so erschienen später auch Romane für jüngere Leser.
Kleiner Marsroman für junge Leser von 1931
Mars-Jugenderzählung von 1951
Der triviale Mars
Marsabenteuer als Utopia-Groschenheft Nr. 74 von 1955
Die 1950er und frühen 60er waren die
goldenen Jahre der Groschenhefte und Comics. Die Nachkriegsjahre
verlangten nach leichter „Fluchtliteratur“. Was den Science
Fiction-Sektor anging, war der Mars natürlich prominent vertreten.
Gerne wurde eine Verbindung zu den in den 40er Jahren aufgekommenen
Fliegenden Untertassen (UFOs) hergestellt.
Eine Besonderheit jener Jahre waren
die schmalen Heftchen, die ursprünglich aus Italien stammten und
Piccolos genannt wurden. Der Preis von zunächst 20 Pfennig passte
gut zum Taschengeld der damaligen Leserschaft.
Science Fiction-Comic im Piccolo-Format von 1957
Marsabenteuer aus der legendären DDR Funny Comic-Serie „Mosaik“
Nr. 26, 1959
Auch in der DDR existierten einige wenige
Comic-Serien, die sich jedoch gerne technisch-utopischen Themen
annahmen. Die beliebteste war die zeichnerisch hervorragende
Mosaik-Reihe mit ihren legendären Helden, den Digedags.
Erstaunlicherweise gab es unter den
utopischen Romanheften und Comics auch einige belehrende Sachtexte,
natürlich mit dem Lieblingsthema Mars.
Teil 1 eines Sachtexts innerhalb einer Science Fiction–Romanheftreihe, ca. 1960
Erzählender Sachtext in Comic-Form, 1961
Der kuriose Mars
Auf der Höhe ihrer Zeit:Eine Schweizer Narrenzunft macht 1895 den Mars zum Thema ihres Fastnachts-zugs.
Leporello einer Solothurner Narrenzunft
Amerikanisches Notenheft, New York 1901
Die enorme Aufmerksamkeit, die dem Mars um
1900 zuteil wurde, lässt sich an einem Beispiel aus der Musikwelt
deutlich belegen. Ein amerikanischer Komponist nutzte die
Mars-Euphorie, um seinem Marsch eine höhere Aufmerksamkeit zu
sichern.
Selbstverständlich rief ein derart
populäres, aber auch umstrittenes Thema wie die Marsfrage um die
Jahrhundertwende die Satiriker auf den Plan. Ein damals sehr
beliebtes Medium für humoristisch verpackte Kritik war die kurz
zuvor erfundene Bildpostkarte.
Satirische Postkarte der ersten Landung auf dem Mars um 1900
Betriebsfest auf dem Mars, Postkarte um 1900
Österreichisches Groschenheft Im Jahr 2000 Band 3 von 1953
Ein
imaginärer Marsmolch soll furchterregend erscheinen, wirkt aber eher unfreiwillig komisch.
Es wäre erstaunlich, wenn der Mars nicht
auch zu Werbezwecken herhalten müsste. Ein Hase wird mit einer
Fliegenden Untertasse zum Mars entführt und wirbt für Kaffee.
Werbebilderbuch der Firma Eduscho, ca. 1958
Rückendeckel des Werbebilderbuchs
Das Marsprojekt des Wernher von Braun
Kurzer wissenschaftlicher Text des be- rühmten Raketenforschers, 1952
Wernher von Braun (1912 - 1977), der
bekannteste der von Kurd Laßwitz inspirierten Raumfahrt- und
Raketenpioniere, plante Anfang der fünfziger Jahre in allen Details
eine bemannte Mission zum Mars und publizierte 1952 die streng
wissenschaftliche Schrift Das Marsprojekt. Studie einer
Interplanetarischen Expedition. Hintergrund war der Tatbestand, dass
von Braun mit den besten seiner Mitarbeiter aus Peenemünde nach dem
Zweiten Weltkrieg zwar zu den Amerikanern überlief, dort aber
zunächst auf „standby“ geschaltet wurde und somit Zeit für lang
gehegte persönliche Pläne und Ideen hatte. Zwei Marsschiffe, eins
für Material, eins für die Expeditionsmitglieder, sollten auf einer
Raumstation zusammen montiert werden. Dazu wären vierhundert
Versorgungsflüge von der Erde zur Station in 1370 km Höhe notwendig
gewesen. Von Braun hielt damals alle technischen und
wissenschaftlichen Probleme für prinzipiell gelöst. Lediglich die
immens hohen Kosten erschienen ihm als ernsthaftes Hindernis.
Von Braun erinnerte sich an die
Wirkung, die SF-Literatur auf ihn ausgeübt hatte. Er verfasste
selbst den Entwurf einer Science Fiction-Erzählung zu seinem
Marsprojekt, ...da ich kein besseres Mittel wusste, die vielseitige
Problematik, die der Schritt des Menschen in das Weltall auf allen
Lebensgebieten mit sich bringen muss, in überzeugender und
eindringlicher Weise zu porträtieren. Er engagierte mit F. L. Neher
einen Autor, der das Marsprojekt auf 587 Seiten romanhaft (Menschen
zwischen den Planeten, 1953) ausmalte. Das obige Zitat stammt aus
von Brauns Vorwort. Die Erzählung fand nicht den Beifall von Brauns,
dennoch ließ er sie in Druck geben. Wie von ihm erwartet, wurde das
Buch kein Erfolg.
Marsroman, erschienen 1953, nach einer Anregung Wernher von Brauns zur Popu- larisierung des Marsprojekts
Utopischer Sachtext zur Popularisierung des Marsprojekts, 1957
Wernher von Braun nutzte jedoch auch andere
Kanäle der Werbung. Zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Willy
Ley verfasste er eine großformatige, eindrucksvoll von dem
NASA-Illustrator Chesley Bonestell bebilderte,
populärwissenschaftliche Marsmonografie, die zunächst in den USA
heraus kam. Die deutsche Übersetzung erschien 1957.
Im gleichen Jahr brachte die Frankfurter
Illustrierte eine Titelgeschichte zu von Brauns Marsplänen.
Titelbild Frankfurter Illustrierte Nr. 7 vom 16. Februar 1957
Mars-Landemodul nach den Vorstellun- gen Wernher von Brauns
Neben diversen schwarz-weißen Bildern zeigt
der Illustriertentext auch eine großformatige farbige Zeichnung des
Landemoduls.
Das Wettrennen um die Eroberung des
Weltalls, das im gleichen Jahr mit dem russischen Sputnik eröffnet
wurde, rückte hochfliegende Marspläne in den Hintergrund.
Ende eines Traums
Der
endgültige Garaus für real existierende Marskanäle kam erst 1965 mit
der ersten erfolgreichen Marssonde Mariner 4, die 22
Schwarzweiß-Aufnahmen aus ca. 10.000 km Entfernung zur Erde funkte,
sowie ihren Nachfolgern Mariner 6 und 7 im Jahr 1969. Auch wenn die
Bildauflösung der ersten Marssonden-Fotos nach heutigen Maßstäben
bescheiden war, reichte sie doch aus, um die Marskanäle ins Reich
der Phantasie zu schicken.
Doch was waren die Marskanäle?
Sicherlich fallen sie unter den weiten Begriff „optische
Täuschungen“. Das Auge neigt dazu, Ketten von dunklen Punkten zu
einer Linie zu verbinden, wenn das Auflösungsvermögen an seine
Grenze kommt. Antoniadis Beobachtungen untermauern das. Auch dürfte
der Wunsch, „etwas sehen zu wollen“, eine Rolle gespielt haben.
Kurioserweise haben die Sonden auf dem Mars tatsächlich Kanäle
fotografiert. Es handelt sich dabei um ausgetrocknete
Fließstrukturen und Grabenbrüche, die aber mit wenigen Ausnahmen
nicht mit den klassischen Marskanälen übereinstimmen.
Doch auch danach blieb der Mars als
erdähnlichster Planet im Sonnensystem im Fokus der
Planetenforschung. Wernher von Braun sah als einziges ernsthaftes
Hindernis für sein Marsprojekt die hohen Kosten. Doch da war er zu
optimistisch. Fehlende Kenntnisse über die Gefahren des
interplanetaren Raums und falsche Vorstellungen über die Bedingungen
auf dem Mars hätten sein Projekt wahrscheinlich scheitern lassen.
Seitdem erweiterten diverse Sonnensonden und unbemannte
Marsmissionen unsere Kenntnisse enorm und liefern die Grundlage für
die erste bemannte Marsmission, die jetzt tatsächlich in erster
Linie eine Frage der Zeit und des Geldes ist. Wenn es in einigen
Jahrzehnten soweit ist, könnte das der Beginn eines neuen Marsmythos
sein.
Die
nachstehende Bilderfolge gibt einen kleinen Eindruck von der
Vielfalt der Marsromane. Detailliertere Informationen über die
Marsliteratur der „goldenen Marsjahre“ findet man bei Abret, Helga & Boia, Lucian,
Das Jahrhundert der Marsianer, München, Wilhelm Heyne Verlag 1984.
Weitere Marsromane
Planetenroman von Friedrich Wilhelm Mader, 1911
Spätere Auflage von 1921
Marsroman von Intrus (Paul Oswald Köhler), 1905
„Schwäbischer“ Marsroman, Stuttgart 1910
Kleiner Marsroman von 1922
Sindbad-Bücher, Schutzumschlag, 1923
Graf Alexei N. Tolstoi, Aelita, kommunistischer Marsroman von 1924
Schutzumschlag eines Marsabenteuers von 1934
Schutzumschlag eines Marsroman von 1936
Pappband von Salzburg 1946
Broschüre, 1948
Marsabenteuer aus der Groschenheft-Serie „Rah Norton. Der Eroberer des Weltalls“ von Ive Stehen, Band 9, 1949
Broschüre, ca. 1950, ursprünglich
Marso der Zweite, 1936
Marsabenteuer als Utopia-Groschenheft Nr. 19 von Alf Tjörnsen (Verlagspseudonym), 1953
Marsabenteuer als Utopia-Groschenheft Nr. 40 von Alf Tjörnsen (Verlagspseudonym), 1953
Marsabenteuer als Utopia-Groschenheft Nr. 41 von Alf Tjörnsen (Verlagspseudonym), 1953
Marsabenteuer als Utopia Großband-Groschenheft, 1956
Schutzumschlag eines satirischen Marsromans aus der Reihe
Romane aus der Welt von morgen von 1959, amerikanisches Original 1954
Schutzumschlag eines Marsromans aus der Reihe
Romane aus der Welt von morgen von 1961, amerikanisches Original 1956
Teil 2 eines Sachtexts innerhalb einer Science Fiction–Romanheftreihe, ca. 1960